Call for papers Babylonia 1/2024 - Sprachliche Variationen und Varietäten im Unterricht

2023-02-16

Die Sprachräume des Französischen, Italienischen, Deutschen und Rätoromanischen (und hier sind nur die Schweizer Landessprachen erwähnt) sind Aneignungs- und Erwerbsräume, für die Variation und Mehrsprachigkeit charakteristisch sind. Beide Aspekte sind für den L2 und L1-Unterricht didaktisch zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass man sich mit Fragen wie dem Aufbau von Korpora (um zu entscheiden, welche Varietät unterrichtet werden soll), der Auswahl (authentischer) Materialien und Textsorten, die der sprachlichen und kulturellen Realität des Unterrichts entsprechen (Dürscheid, 2018), sowie mit der Frage der Beurteilung von Sprachkompetenz auseinandersetzen muss.

Das Klassenzimmer ist einer der Kontexte, in denen die Kodifizierung von Sprachstandards stattfindet (Miecznikowski et al. 2015, Pandolfi et al., 2017). In der Regel ist im Sprachunterricht die Standardvarietät die Zielsprache, wenn sie nicht überhaupt die Unterrichtssprache ist. Die Forschung im Bereich der Soziolinguistik und der Sprachdidaktik zeigt jedoch, dass das Konzept der Standardsprache mehrdeutig ist, da es sich als Norm manifestiert, die Variabilität auf verschiedenen Ebenen zulässt (Berruto, 2018; Davies & Langer, 2014).

Diese Ausgabe von Babylonia ist Unterrichtsansätzen gewidmet, die sich mit Aspekten der Sprachvariation und der Norm befassen. Inwiefern sind diaphasische (Register), diatopische (regionale Sorten, Studer, 2002; Spiekermann, 2008; Ruoss, 2019) oder diastratische (z.B. Jugendsprache) Varietäten zu berücksichtigen? Wie kann man mit der Bewertung von Variationen und Schülerleistungen, die von der Norm abweichen , umgehen (Caprara & Marangon, 2017; Gajo et al. 2019)? Wie lässt sich die Bewusstheit von Lehrenden und Lernenden mit Materialien und Aktivitäten für das Thema zu fördern?

Wir sind an Beiträgen zu folgenden Themen interessiert:

Variation und Varietäten im Sprachunterricht (L1, Zweit- und Fremdsprachen)

  • Geschriebene Sprache steht in der Regel für die Norm. Wie verändert sich dies durch den Aufschwung der geschriebenen Sprache in den aktuellen, vor allem digitalen Kommunikationsformen?
  • Welches Schreiben ist im Schulkontext legitim? Welche Modelltexte gibt es? (cf. Ammon, 2017)?
  • Verändern sich Lehr- und Lernziele und/oder Vorgaben in Lehrplänen? Gibt es Vorgaben dazu in regionalen und lokalen Lehrplänen?
  • Finden Forschungsergebnisse zu Fragen von Varianten und Varietäten Eingang in den Unterricht und wenn ja, wie (AA.VV., 2019)?

Einstellungen, Lehrer:innenbildung und Beurteilung

  • Welche Einstellungen haben die Lehrkräfte zu Frage der Norm, der Sprachvariation und den Regionalismen? Wie spiegeln sie sich diese in der Beurteilung wider?
  • Inwiefern spielt das Thema Variation in der Ausbildung von Lehrerpersonen eine Rolle? Wie können Lehrer:innen für das Thema sensibilisiert werden, damit sie im Unterricht damit umgehen können?

Diatopische Variation, plurizentrische Sprachen

Die Berücksichtigung von diatopischen Varietäten und Plurizentrik im Unterricht wird seit langem diskutiert und teilweise eingefordert (für Deutsch als Fremd/Zweitsprache: DACHL z.B. Hägi, 2010).

  • Gibt es im Unterricht erprobte Beispiele? Welche Erkenntnisse lassen sich aus Unterrichtserfahrungen mit plurizentrischen Sprachen gewinnen?
  • Helvetismen und Sprachunterricht: Die Schweizer Varietäten des Deutschen, Französischen und Italienischen im Klassenzimmer
  • Wie kann das Bewusstsein der Lernenden für geografische Sprachvariationen gefördert werden? Theoretische Überlegungen und konkrete Unterrichtsvorschläge (Instrumente, Materialien, Aktivitäten).
  • Der Stellenwert von Dialekten im Unterricht (Studer, 2002, Ruoss, 2019).

Empirische Beiträge (Forschungsprojekte, Aktionsforschung) sowie praktische Beiträge (Unterrichtsmaterialien, Übungen, bewährte Vorgehensweisen) und Stellungnahmen zum Thema (Positionspapiere, Interviews usw.) sind willkommen. Babylonia bevorzugt eine klare und leicht verständliche Sprache. Länge der Beiträge: 16.000-20.000 Zeichen, einschließlich Leerzeichen (4-5 Seiten).

Bitte senden Sie bis zum 15. April 2023 Abstracts (500 Wörter, inkl. Literaturangaben) auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Rätoromanisch oder Englisch an ingo.thonhauser@hepl.ch oder matteo.casoni@ti.ch.

Termine

  • Einreichung der Abstracts: 15. April 2023 / Verlängerung: 7. Mai
  • Rückmeldung zur Annahme/Ablehnung der Beiträge: Juni 2023
  • Einreichung der Beiträge: 31. August 2023
  • Rückmeldung der Herausgeber und der Reviewer:innen
  • Abgabe der definitiven Version: 1 Januar 2024
  • Layout and Korrektur
  • Publikation: April 2024

 

Literatur

AA.VV. (2019). Variatio delectat. Dimensioni della variazione a scuola: fra ricerca e applicazioni (Workshop Giscel). In. B. Moretti et al. (a cura di), Le tendenze dell’italiano contemporaneo rivisitate. Atti del LII Congresso Internazionale di Studi della Società di Linguistica Italiana (Berna, 6-8 settembre 2018), Officinaventuno, Milano, https://www.societadilinguisticaitaliana.net/pubblicazioni/atti-dei-congressi-sli/atti-del-lii-congresso-sli-berna-2018/

Ammon, U. (2017). On the social forces that determine what is standard in a language - with a look at the norms of non-standard language varieties. In E.M. Pandolfi et al. (eds.), 2017, Studies on Language Norms in Context, Duisburger Arbeiten zur Sprach- und Kulturwissenschaft. Duisburg papers on Research in Language and Culture, Band/Volume 117, Peter Lang, Frankfurt am Main: 17-35.

Berruto, G. (2018). Tendenze nell’italiano del Duemila e rapporti tra varietà standard e sub-standard, Aggiornamenti, 13 (8): 5-15.

Caprara, G. & Marangon, G. (cur.) (2017). Italiano e Dintorni. La realtà linguistica italiana: approfondimenti di didattica, variazione e traduzione, Peter Lang, Frankfurt am Main et al.

Davies, W. & Langer, N. (2014). Die Sprachnormfrage im Deutschunterricht: das Dilemma der Lehrenden. In A. Plewina & A. Witt (Hrsg.), Sprachverfall? Dynamik - Wandel – Variation, de Gruyter, Berlin / Boston: 299-321.

Dürscheid, C. (2018). Internetkommunikation, Sprachwandel und DaF-Didaktik. . In S. M. Moraldo (Ed.), Sprachwandel. Perspektiven für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache, Winter, pp. 141-159.

Gajo, L., Luscher, J.-M., Racine, I. & Zay, F (ed.) (2019). Variation, plurilinguisme et évaluation en français langue étrangère, Peter Lang, Berlin et al.

Hägi, S. (2010). Ja genau: Plurizentrik im Deutschunterricht. ÖDaF Mitteilungen(1), 51-59.

Miecznikowski, J. et al. (Eds) (2015). Norme linguistiche in contesto/Sprachnormen im Kontext/Normes langagières en contexte/Language Norms in Context, Bulletin suisse de linguistique appliquée, N° spécial.

Pandolfi, E. M., Miecznikowski, J., Christopher, S., Kamber, A. (eds.) (2017). Studies on Language Norms in Context, Duisburger Arbeiten zur Sprach- und Kulturwissenschaft. Duisburg papers on Research in Language and Culture, Band/Volume 117, Peter Lang, Frankfurt am Main.

Ruoss, E. (2019). Schweizerdeutsch und Sprachbewusstsein: Zur Konsolidierung der Deutschschweizer Diglossie im 19. Jahrhundert, De Gruyter Berlin / Boston.

Spiekermann, H. (2007). Standardsprache im DaF-Unterricht: Normstandard – nationale Standardvarietäten – regionale Standardvarietäten. Linguistik Online, 32(3), 119-137. https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/541/911

Studer, T. (2002). Dialekte im DaF-Unterricht? Ja, aber...Konturen eines Konzepts für den Aufbau einer rezeptiven Varietätenkompetenz, Linguistik Online, 120(1), 113-131. https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/927/1619