Editorial

Abstract

Ende Juli 2022 kündigte Swisscom versuchsweise eine wichtige Änderung in ihrer Einstellungspolitik für Auszubildende an: Anstatt ein Bewerbungsdossier mit ihren Schulzeugnissen einzureichen, beantworten Lehrstelleninteressierte Fragen per Video, bevor sie zu einem Auswahltag eingeladen werden. Dadurch soll vermieden werden, dass nicht-schulische Talente verloren gehen und dass das Auswahlverfahren durch Bewerbungsunterlagen, die mit Hilfe von Familienmitgliedern erstellt wurden, verzerrt wird. Die Noten sind nicht mehr wichtig, da sie zu sehr von der Sprachregion, dem Kanton oder sogar der Lehrperson abhängen und "irreführend sein können",

Ist dies ein gewagtes Unterfangen, ein Misstrauen gegenüber dem Schulsystem oder eine willkommene Entwicklung, um soziale Ungleichheiten auszugleichen?

Wie auch immer die Antwort auf diese Frage ausfällt, die Schule wird sich in den kommenden Jahren sicherlich noch stärker an neue Formen der Wissensvermittlung und an die Fertigkeiten der Lernenden selbst anpassen müssen. In einer utopischen Welt würden diese Anpassungen die Rollen umkehren und Schüler:innen begünstigen, die schon in jungen Jahren Zugang zu Bildschirmen haben, und traditionellere Eltern dazu zwingen, auf digitale Nachhilfe zu setzen, um ihren sozialen Vorteil zu wahren. Die Pandemie hat uns in dieser Hinsicht jedoch wenig ermutigende Zeichen gegeben: Es geht nicht nur darum, die digitalen Werkzeuge nutzen zu können, sondern auch um das richtige Material, den Raum und vor allem die Ruhe, die man braucht, um sie in der Schule zu nutzen.

Mit dieser Ausgabe, die aus der Konferenz Homo Digitalis hervorgegangen ist, möchte Babylonia Lehrerinnen und Lehrer begleiten, die mit neuen Formen des Unterrichts im digitalen Zeitalter konfrontiert sind, und möglicherweise auch Schülerinnen und Schüler auf neue Formen der Rekrutierung vorbereiten. Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Lesen!